Die westfälische Delegiertenversammlung trat im Kreis Herford zusammen
Herford (PV). Einmal im Jahr tritt die Delegiertenversammlung des Pferdesportverbandes Westfalen zusammen. In ihren Händen liegen die Stimmrechte über wichtige Entscheidungen und über die Wahlen in Gremien und Organe des Verbandes.
Es ist eine willkommene Tradition, dass die Ausrichtung der Tagung durch Westfalens Kreise „wandert“. „Unsere Delegiertenversammlung ermöglicht uns, in jedem Jahr einen besonderen Blick auf den gastgebenden Verband zu werfen. Wir lernen dadurch seine persönliche Seite und ein kleines Stück seiner Heimat kennen“, betonte Rudolph Herzog von Croÿ, Präsident des Pferdesportverbandes Westfalen, die Wertschätzung für den Brauch.
Die Vorstellung des gastgebenden Kreisreiterverbandes Herford übernahm die Vorsitzende Christiane Giesen. „Teamwork wird bei uns besonders großgeschrieben“, machte sie gleich zu Beginn deutlich und hatte zur Untermauerung gleich ein Exemplar der Kreisverbands-Teamjacken mitgebracht. Das kam nicht von ungefähr, denn keine 24 Stunden zuvor hatte die jährliche Kreismeisterschaft stattgefunden, für die sich das Lenkungsteam in jedem Jahr mit großer Motivation engagiert. Stimmungsvolle Fotos mit vielen strahlenden Gesichtern ließen jeden im Tagungsraum die Freude daran nachempfinden. „Besonders stolz sind wir auf unsere Ausbilder“, fuhr Christiane Giesen ihren lebendigen Vortrag fort und unterstich eindringlich, wie wichtig ihr dieser Bereich ist. „Dazu gehören ausdrücklich die Vereine und Betriebe mit Schulbetrieb. Sie sind unsere Basis und das verlieren wir nicht aus dem Blick. Wir schätzen uns glücklich, dass die Pandemie nicht dazu geführt hat, dass diese Strukturen völlig zusammenbrechen – auch wenn die vergangenen zwei Jahre für niemanden einfach waren“, schloss die Vorsitzende ihre authentische Präsentation des ostwestfälischen Kreisverbandes, der das Dach über 16 Vereine bildet.
Vor dem Wechsel in den parlamentarischen Teil der Sitzung wurde zu seiner Überraschung Jobst-Hermann Schnasse, Ehrenvorsitzender des Kreisreiterverbandes Herford, ins Rampenlicht gerufen. Aus den Händen von Christiane Giesen und Rudolph Herzog von Croÿ, erhielt er die Silberne Verdienstplakette des Pferdesportverbandes Westfalen.
„Wir hatten uns im vergangenen September sehr gewünscht, dass wir unsere Delegiertenversammlung wieder auf den vertrauten März-Termin legen können. Die Pandemie-Lage im Frühjahr hatte uns dann bewogen, noch einmal auf den September-Termin auszuweichen“, griff Herzog von Croÿ in seiner Begrüßung zunächst die Terminfrage auf und machte deutlich, dass man 2023 wieder im März zusammentreten wolle. Der Präsident stellte die form- und fristgerechte Einladung fest, der 61 stimmberechtigte Personen aus Kreisverbänden, Präsidium und Jugendvorstand gefolgt waren.
Jahresbericht mit Höhen und Tiefen
Brigitte Hein begann den Jahresbericht des Vorstandes mit einem Blick auf die Statistik. „Die gute Nachricht ist, dass wir das erste Mal seit 2005 wieder einen Zuwachs verzeichnen. Die LSB-Bestandserhebung 2021 hat 221 Mitglieder mehr in Westfalens Pferdesportvereinen ausgewiesen als im Vorjahr. Insgesamt sind es nun 95.890. Die Zahl der Vereine in unseren 21 Kreisverbänden ist stabil und mit 561 sogar um einen Verein angewachsen.“ Die Zahl der Mitgliedsbetriebe verringerte sich 2021 um zehn. Im Ranking der mitgliederstarken Sportarten in Nordrhein-Westfalen belegte der Landesverband der Pferdesportvereine in NRW – dem gemeinsamen Dach der Pferdesportverbände Rheinland und Westfalen – den achten Platz. Unter den Landesverbänden in der Deutschen Reiterlichen Vereinigung stellen Westfalens Vereine weiterhin den zweitgrößten Zusammenschluss dar.
Der Blick auf die Turniersportstatistiken des Berichtsjahres 2021 fiel erwartungsgemäß ernüchternd aus und hielt Vergleichen aus der Zeit vor Corona nicht stand. So fanden im zweiten Pandemiejahr insgesamt 474 Veranstaltungen statt (+87). Dabei waren 6.588 Prüfungen gezählt worden. Das war zwar ein Zugewinn von 1.743 Prüfungen im Vergleich zu 2020, doch 2019 waren es noch 11.661 Prüfungen gewesen. Ähnlich stellte sich die Grafik zu den Turnierstarts dar. Waren es 2019 noch etwas mehr als eine viertel Million gewesen (254.066), so erklang das Startsignal 2021 nur 147.243-mal. Im Unterschied zu 2020 war mit einem Plus von 23.807 Starts allerdings eine positive Tendenz deutlich erkennbar. Jahresturnierlizenzen (hier am Beispiel Dressur) führten im Berichtsjahr 9871 Stamm-Mitglieder aus westfälischen Vereinen.
„Es liegt auf der Hand, dass unser Berichtsjahr 2021 noch stark von der Pandemie geprägt war“, führte Brigitte Hein weiterhin aus. „Für Vereine, Reitschulen und Pensionsbetriebe blieb die Belastung sehr hoch, nicht zuletzt auf Grund der häufig wechselnden Vorgaben. Das war für alle Beteiligten eine sehr kraftraubende Zeit. Zwar haben leider nicht alle Reitschulen nach den Lockdownphasen wieder geöffnet, doch der größte Teil scheint diese schwere Zeit bewältig zu haben“, bilanzierte die Geschäftsführerin und bezog sich dabei auch auf die Auswertung einer internen Umfrage, die allerdings nicht repräsentativ war.
Auch jenseits von Corona galt es im Berichtsjahr zahlreiche Themen und Aufgaben zu bewältigen, beispielsweise die Auseinandersetzung mit der Rückkehr des Wolfes. Hierzu hatte der Verband im gemeinsamen Netzwerk mehrfach Stellung genommen, zuletzt zur NRW-Wolfsverordnung. Noch sehr spät im Berichtsjahr hatte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) im Auftrag des Ministeriums ein Merkblatt zu Reitböden und zur Verwendung von synthetischen Zuschlagstoffen veröffentlicht „Jeder Verein und Betrieb, der seine Böden sanieren möchte, sollte sich zuvor ausgiebig damit beschäftigen“, riet die Vorstandssprecherin.
Zu diesen und vielen weiteren relevanten Themen finden sich auf der Internetseite des Pferdesportverbandes Westfalen entsprechende Themenseiten. „Wir möchten das weiter ausbauen und haben unser Kommunikationskonzept entsprechend ausgerichtet. Unsere Social-Media-Accounts und die PV-App begleiten und unterstützen uns dabei und wir freuen uns, dass uns besonders auf Instagram viele Interessierte folgen, die wir auf diesem Weg schnell und unkompliziert erreichen,“ schloss Brigitte Hein den Geschäftsbericht.
Ergänzend zu den schriftlichen Jahresberichten der Organe und Gremien trugen Reinhard Milchers und Daniel Stegemann für die Jugend und die KLW vor.
Reinhard Milchers, Vorsitzender der Westfälischen Pferdesportjugend, unterstrich zunächst, dass Westfalens Nachwuchstalente im Berichtsjahr schnell Anschluss an die nationale Spitze gefunden und zahlreiche Medaillen und Topten-Platzierungen bei den Nominierungsturnieren erreicht hatten – eine Bilanz, die sich im aktuellen Jahr sogar noch deutlich gesteigert hat. „Doch die sportlichen Erfolge dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir mittlerweile ein großes Problem im Nachwuchsbereich haben. Konkret sind es die E-Prüfung, die mir am meisten Sorge machen, wenn ich die kleinen Starterfelder mancher Turniere anschaue. Hier müssen wir ansetzen, sonst schneiden wir uns von der sportlichen Entwicklung ab“, appellierte der Jugendwart eindringlich an die Versammlung. Besonders positiv hob er die Aktivitäten des Jugendsprecherteams Just We hervor, die beispielsweise mit einem Hobby-Horsing-Turnier Furore gemacht hatten. Dem Team im Westfälischen Jugendvorstand, dass in unveränderter Zusammensetzung wirkt, dankte er ausdrücklich.
„Der Turniersport hat sich im vergangenen Jahr auf niedrigem Niveau stabilisiert. Positiv ist, dass die Zahl der Turniere nach 2020 wieder zugenommen hat, wenn auch mit etwas veränderten Strukturen. In der ersten Phase haben Late-Entry-Konzepte und kurzfristige „ad hoc“-Turniere das Geschehen geprägt. Das leidige Thema „NeOn-Max“, wie die Ausschreibungsvariante mit begrenzter Startplatzzahl oft genannt wird, ist zum Ende des Berichtsjahres und auch in diesem Jahr im Grunde kein Thema mehr. Nicht so positiv ist die Entwicklung, wenn wir auf die Jahresturnierlizenzen blicken, denn hier stabilisieren sich die Zahlen bisher nicht so, wie erhofft. Anlass zur Sorge macht dabei der Jugendbereich in den Leistungsklassen 5 und 6, also unsere absolute Basis“, griff Daniel Stegemann auf, was auch Verbandsjugendwart Reinhard Milchers in seinem Bericht bereits angesprochen hatte.
„Ein prägender Einschnitt war der EHV-1-Ausbruch in Valencia, den wir im Frühjahr 2021 erlebt haben. Darauf mussten alle europäischen Föderationen reagieren. In der Folge wurden in Deutschland alle Turniere und Veranstaltungen abgesagt“, erinnerte der PV-Turniersportexperte und rekapitulierte die detaillierte Aufarbeitung der Situation durch Veterinäre, Wissenschaftler und Verbände auf nationaler und internationaler Ebene. In der KLW wurden die daraus resultierenden Daten und Fakten besprochen und intensiv wie auch kontrovers diskutiert. Schlussendlich hat die KLW mehrheitlich und unter dem Vorbehalt der Impfstoffverfügbarkeit der Einführung einer Impfpflicht zugestimmt, die inzwischen mit Wirkung zum 1. Januar 2023 beschlossen wurde.
Kein positiver Jahresabschluss
Die Jahresrechnung des Pferdesportverbandes Westfalen trug Franz Kuckelmann vor. Zwar bestätigte dieser dem Verband einen weiterhin vorsichtigen und konservativen Umgang mit seinen Mitteln – aber er musste leider auch die deutlich zurückgegangenen Einnahmen des Verbandes darstellen. Hauptursächlich dafür waren die zuvor bereits dargestellten, vielfach pandemiebedingten Rückgänge im Turniersport. Auch die Bereiche der Ausbildung und der Abzeichen hatten sich erkennbar verringert. Kurzarbeit und Coronahilfen hatten das Schlimmste abfedern können, dennoch schloss das Berichtsjahr mit einem Defizit in Höhe von 126.867,00 Euro.
David Rammes trug die Planung für das aktuelle Jahr vor und bekräftigte das Ziel einer „schwarzen Null“ für das Jahr 2022. Die tatsächliche Entwicklung bleibt allerdings abzuwarten. Seinen Förderhaushalt, der beispielsweise Bezuschussungen von Schulponys und Trainerqualifizierungen, die Unterstützung von Lehrgängen in den Kreisverbänden und die Förderung von Veranstaltungen und Jugendmaßnahmen vorsieht, hat der Verband bisher jedenfalls nicht angetastet. „Wir werden zukünftig wohl viele Maßnahmen auf den Prüfstand stellen müssen und steuern im Bereich unserer Einsparmöglichkeiten bereits so gut gegen, wie es uns möglich ist“, schloss der PV-Finanzverantwortliche seinen Bericht.
Für die Kassenprüfer trug Georg von Schönberg aus dem Landesverband Lippischer Reit- und Fahrvereine das Ergebnis der Prüfung vor und attestierte die ordnungsgemäße Buchführung, die keine Fragen offengelassen hatte. Mehr als 10.500 Buchungssätze hatten für den prüfenden Blick zur Verfügung gestanden. Die Versammlung folgte dem Antrag auf Entlastung von Vorstand und Präsidium einstimmig und wählte im Anschluss Guido Hübers (Steinfurt) und Michael Timpe (Ennepe-Ruhr-Hagen) zu den Kassenprüfern für das folgende Jahr. Ute Fisser-Hülsmeier (Minden-Lübbecke) wurde zur Stellvertreterin gewählt.
Dr. Johannes Brinkmann im Amt betätigt
Für das Präsidium, dessen Mitglieder alternierend gewählt werden, stand die Wahl eines Vertreters für den Regierungsbezirk Münster auf der Tagesordnung. Rudolph Herzog von Croÿ dankte dem bisherigen Amtsinhaber Dr. Johannes Brinkmann (Marl) sehr herzlich für sein Engagement, das sich zusätzlich zur Vertretung der regionalen Belange des Regierungsbezirks auch vielfach auf die juristische Perspektive erstreckt. „Das ist für unsere Arbeit im Präsidium ebenfalls außerordentlich wertvoll“, unterstrich dankbar der PV-Präsident. Das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Position liegt entsprechend der PV-Satzung bei den Kreisverbänden im jeweiligen Regierungsbezirk, die sich einhellig die Wiederwahl wünschten. Weitere Kandidaten wurden nicht vorgeschlagen. Dr. Johannes Brinkmann wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt und nahm die Wahl an.
Nach einem kurzen Bericht zur Westfälischen Reit- und Fahrschule rief der Präsident den jährlichen Tagesordnungspunkt Mitgliedsbeiträge auf. Eine Erhöhung schlug er nicht vor, machte jedoch deutlich, dass sich eine Diskussion dazu in der Zukunft kaum vermeiden lassen würde.
Gegen Ende kam die Tagung noch einmal auf die mit dem Wegfall der APO-Kennzeichnungen verbundenen Veränderungen bei den Pferdebetrieben zu sprechen. In der Vergangenheit hatte solch eine Kennzeichnung zu den Aufnahmevoraussetzungen gehört. Zukünftig soll vorerst ein Kennenlern-Besuch vor Ort an diese Stelle treten.
Ein brennendes Thema in den Vereinen und Betrieben ist die Energiekrise, die kaum einen gesellschaftlichen Bereich unberührt lässt. Brigitte Hein bezog sich auf den Appell des organisierten Sports, 20-Prozent Energie einzusparen, an dem alle bestmöglich mitwirken sollten und versprach, Informationen dazu bereit zu stellen.
Zum Anschluss der Delegiertenversammlung lud der Kreisreiterverband Höxter-Warburg, vertreten durch seine Vorsitzende Freifrau Beatrix von Kanne zur Delegiertenversammlung 2023 in südlichsten der ostwestfälischen Kreisreiterverbände ein.