Münster (PV). Eine neue Kooperation mit der Maximilian-Kolbe-Gesamtschule (MKG) ist der Reitverein St. Georg Saerbeck jetzt eingegangen – ein Glücksfall für alle Beteiligten. Das findet auch Saerbecks Bürgermeister Dr. Tobias  Lehberg, der vor allem das ehrenamtliche Engagement in Verbindung mit dem Schulunterricht schätzt. MKG-Leiter Maarten Willenbrink freut sich, dass das Projekt auf unterschiedlichen Säulen fußt. Es beinhaltet eine Arbeitsgemeinschaft zur Talentförderung, eine Ausbildung von Trainerassistenten sowie eine Arbeitsgemeinschaft für Reitanfänger. Später soll noch ein Angebot für Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf hinzukommen.

Die Idee zu dem Projekt hatte Neele Abel (siehe Interview), Sportlehrerin an der MKG, Mitglied des RV St. Georg Saerbeck, Trainerin A Reiten und Mitglied des Jugendvorstandes im Pferdesportverband Westfalen. Sie war gleich auf volle Unterstützung von Seiten des Reitvereins gestoßen. Vorstandsmitglied Brigitte Schuh: „Wir hatten früher schon mal eine erfolgreiche Kooperation mit der Gesamtschule. Aber das neue Projekt geht ja noch weit über eine übliche Zusammenarbeit hinaus. Es wäre toll, wenn unser Verein später vielleicht sogar durch neue Trainerassistenten von dem Projekt profitieren könnte.“

Ganz besonders freut sich auch der Pferdesportverband Westfalen über die neue Kooperation. Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Reitverein St. Georg Saerbeck seine langjährige Heimat auf dem Hof der Familie Ottmann in Saerbeck leider aufgeben muss und eine neue Trainingsstätte beziehen wird. In einem Brief an Bürgermeister Dr. Tobias Lehberg hatte der Verband auf die hervorragende Basisarbeit des Vereins und seine Rolle als Gastgeber regionaler Reitturniere und bundesweiter Veranstaltungen wie etwa der „Goldenen Schärpe der Ponyreiter“ hingewiesen. Der 100. Geburtstag des RV St. Georg Saerbeck steigt bereits in drei Jahren. Bis dahin haben die Mitglieder ihren Umzug innerhalb der pferdefreundlichen Gemeinde Saerbeck hoffentlich erfolgreich gestemmt.

Interview mit Neele Abel

Wie entstand die Idee des neuen Kooperationsmodells zwischen dem Reitverein St. Georg Saerbeck und der Maximilian-Kolbe Gesamtschule Saerbeck?

Die Idee entstand tatsächlich sehr spontan und war zunächst auch nur im kleineren Rahmen gedacht. Ich bin mit meiner Familie im Sommer 2019 nach Saerbeck gezogen und arbeite auch erst seit diesem Zeitpunkt als Lehrerin an der „MKG“. Im Sommer 2020 war ich in der näheren Umgebung bei Reitturnieren als Richterin unterwegs und habe dort überraschend viele unserer Schülerinnen und Schüler als Turnierteilnehmer*innen angetroffen. Wie ich dann erfuhr, nehmen sogar eine Handvoll Schülerinnen am Stützpunkttraining teil und gehen bereits auf Westfälischen und Deutschen Meisterschaften erfolgreich an den Start. Schnell wuchs der Gedanke, eine Brücke zwischen Beruf und sportlicher Leidenschaft zu bauen und bei passender Gelegenheit auch im schulischen Rahmen für bereits reiterfahrene Schüler*innen ein Reitprojekt ins Leben zu rufen. Ein Anruf beim Reitverein Saerbeck genügte und es war klar, da geht was! Nach einer kurzfristigen internen Absprache im Vorstand stand fest, dass der Verein die Schule sehr gerne unterstützen und sowohl das Trainingsgelände als auch das Material und sogar die Schulponys zur Verfügung stellen möchte. Die Schulleitung der MKG reagierte offen auf meine Idee und ließ sich ebenfalls schnell von dem schulischen Wert einer Kooperation mit dem Reitverein Saerbeck überzeugen.

Nach einer bald darauf stattfindenden Schulkonferenz und einem Informationsschreiben an die Schüler*innen wurde deutlich, dass auch auf Seiten der Eltern- und der Schülerschaft (22 Anmeldungen aus allen Jahrgangsstufen) großes Interesse an einer Reitförderung an der MKG besteht. Es kam jedoch ebenfalls der Wunsch auf, nicht nur die bereits im Sport erfolgreichen Reiter*innen der MKG zu fördern, sondern die Heterogenität der Schülerschaft unserer Gesamtschule zu berücksichtigen und ein breiteres Angebot zu schaffen. Ab dem Zeitpunkt startete ich eine umfangreiche Recherche und Ausarbeitung der Möglichkeiten hinsichtlich der praktischen Umsetzung und Förderungen einer schulischen Reitförderung und es entstand ein Konzept, das auf mehreren Säulen fußt. Schon bald wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Reitverein und der Gesamtschule ausgeklügelt, welche die Zusammenarbeit in der Umsetzung einer breiten Reitförderung besiegelte.

Was hat es mit dem Mehr-Stufen-Konzept auf sich, das auch ausdrücklich sportliche Talente im Blick hat?

Ja, das Herzstück des Gesamtkonzeptes ist zweifelsfrei die Säule der „Talentförderung“, also die Förderung von bereits im Reitsport erfolgreichen Schüler*innen. Tatsächlich hat die turniersportbezogene Talentförderung im Reitsport an Regelschulen in NRW einen Seltenheitscharakter. Auch bei uns ist sie nur deshalb realisierbar, da die Standortfaktoren der Schule und des Reitvereins in Kombination mit der personellen Voraussetzungen nahezu ideal sind. Das Konzept sieht darüber hinaus vor, bereits im kommenden Schuljahr einige erfahrene Reiter*innen unserer Schülerschaft zu Trainerassistenten Reiten auszubilden, die mich dann wiederum in der praktischen Durchführung der Arbeitsgemeinschaft für Reitanfänger unterstützen können. Auf diese Kombination freue ich mich schon besonders, da ich in unseren Schüler*innen ein hohes Maß an Sozialkompetenz und einen Sinn für kreative Ideen sehe. Unabhängig von den ersten drei Säulen soll in naher Zukunft auch ein Angebot für Kinder mit einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf eingerichtet werden. Alle vier Säulen sollen schrittweise in den nächsten zwei Jahren aufgebaut werden.

Wann startet die erste konkrete Umsetzung der Reitförderung?

Leider hält auch uns die Corona-Situation an der kurzen Leine und verzögert den Start des Projektes. Ich plane, sobald die Bedingungen es zulassen, zunächst einen Wochenendlehrgang mit den reiterfahrenen Schüler*innen auf der Anlage des Reitvereins Saerbeck durchzuführen, um den reiterlichen Leistungsstand zu sichten und den Schüler*innen die Möglichkeit zu geben, mich als Trainerin kennenzulernen. Ich werde ein disziplinübergreifendes Cavaletti-Training durchführen, das die Sitzgrundlage und Hilfengebung und auch das Rhythmusgefühl schulen und Anregungen für das eigene Heimtraining geben soll. Im kommenden Schuljahr ist dann ein regelmäßiges  (dann auch zunehmend disziplinspezifisches) Training angedacht. Wir stehen alle in den Startlöchern und warten nur auf den Startpfiff!

Solch ein Konzept ist umfangreich und muss finanziert werden, wer beteiligt sich an der Förderung des Projektes? 

Die Idee der Reitförderung an der MKG in Kooperation mit dem Reitverein Saerbeck ist auf breite kommunale und auch landesweite Zustimmung gestoßen und ich darf mich für ganz viel Unterstützung und Beratung von mehreren Seiten bedanken.  Zunächst bietet der Reitverein Saerbeck natürlich den Grundstein der Reitförderung durch die großzügige Bereitstellung ihrer Anlage und der Schulponys. Die Schulleitung der MKG wiederum stellt die personellen Mittel und bereitet den Weg der Eingliederung des Reitsports in das Ganztagskonzept der Schule.

Besonders gefreut hat sich der Reitverein über einen finanziellen Zuschuss der Gemeinde Saerbeck im Rahmen der „Förderung von Sportgeräten“. Um die Gesamtschule in ihrem Vorhaben abzusichern, wurde dem Verein ein Zuschuss zum Kauf eines weiteren Schulponys gewährt. Darüber hinaus hat sich der Reitverein im März  beim  Landessportbund NRW  für das Landesprogramm „1000 x 1000“ mit dem Förderschwerpunkt „Kooperation Sportverein mit Schulen“ beworben. Wenn der Landessportbund dem Verein das Fördermittel gewährt, können weitere Trainingsmaterialien gekauft werden, die  sowohl im Vereinstraining als auch in der Reitförderung der Gesamtschule zum Einsatz kommen würden. Momentan sind wir mit Unterstützung des Pferdsportverbandes Westfalen im Gespräch mit der Abteilung Sport und Ehrenamt der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die Teilhabe an einem Landesprogramm zur Förderung von sportlichen Talenten in NRW. Ich bin sehr gespannt und voller Erwartungen, wie es nun weitergeht und brenne darauf endlich in der Reitbahn aktiv zu werden und den Schulalltag durch unsere Vierbeiner zu bereichern.

Foto: (v.l.) Bürgermeister Dr. Tobias Lehberg, Olaf Liebrecht (Vorsitzender Reitverein), Schulamtsleiter Guido Attermeier, MKG-Leiter Maarten Willenbrink, Niels Effelsberg (didaktischer Leiter an der MKG), Neele Abel und Kira Dembsky-Kuberek (Jugendwartin des Vereins).

Foto: Westfälische Nachrichten