Neubeginn für Frederike
Dass Freud und Leid im Leben einer Reiterin manchmal sehr nah beieinander liegen können, erfuhr Frederike Bettig in diesem Sommer auf eine Art und Weise, die man wirklich niemandem wünscht. Bis dahin hatte es für das Mädchen aus dem Sauerland eigentlich nur schöne Erlebnisse mit Pferden und Ponys gegeben. „Auf dem Pferd saß ich schon, bevor ich laufen konnte“, erzählt die 17-jährige Attendornerin. Da ihre Mutter eine begeisterte Reiterin ist, gab’s von Anfang an einen guten Kontakt zu Pferden. Der wurde noch verstärkt, als ihr Großvater zwei Ponys für die Enkel kaufte. So kamen Bronco und Bibi in den Stall. Ein Shetland- und ein Welshpony, die nun abwechselnd von Frederike, ihren beiden Schwestern, den Cousins und ihrer Cousine gesattelt wurden.
Mit Bibi schnupperte Frederike 2009 auch erste Turnierluft und hielt sich wacker in der Führzügelklasse. 2012 bekam sie dann ein eigenes Pony: den Wallach Miraculix. Mit ihm startete sie bis in Dressurprüfungen der Klasse A** auf Turnieren – bis der Tag gekommen war, an dem sie einfach zu groß für Miraculix geworden war.
Seriensieger Estan
So kaufte die Familie Anfang 2017 ein Großpferd für Frederike, den siebenjährigen Westfalenwallach Estan – genannt Eumel. Die Chemie stimmte. Von Anfang an klappte es wie am Schnürchen zwischen Pferd und Reiterin. Bereits Ende 2017 gewann Frederike die erste A-Dressur mit ihrem neuen Pferd. Den Winter über trainierte sie fleißig mithilfe ihres Ausbilders Henrik Wassmann und übte bereits L-Lektionen. Die beständige Arbeit zahlte sich aus. 2018 gewannen Frederike und Eumel fünf A-Dressuren und qualifizierten sich mit exzellenten Noten für das westfälische 8er-Team. Elfmal platzierten sie sich außerdem in Prüfungen der Klasse L.
Hoffen und Bangen
Doch im November 2018, nur eine Woche nach dem Westfalen8-Treffen in Münster, nahm das Unheil seinen Lauf. Eumels rechtes Auge entzündete sich. Das Pferd kam in die Klinik, wurde behandelt, doch am Ende musste das rechte Auge entfernt werden. Zurück im heimischen Stall, erholte Eumel sich rasch, und Frederike begann wieder zu reiten. „Kaum hatten wir uns an die neuen Umstände gewöhnt, bekam er im Mai 2019 wieder eine Entzündung im Auge und musste in die Klinik“, erzählt die Reiterin. Die ganze Familie schwebte zwischen Hoffen und Bangen, beinahe wöchentlich änderten sich die Nachrichten über Eumels Gesundheitszustand. Laut Kliniktierarzt war es keine eindeutige Periodische Augenentzündung. Komplikation bereiteten die wiederkehrenden Hornhautablösungen, weshalb eine Behandlung schwierig war. Doch irgendwann war klar, dass der Wallach auch sein linkes Auge verlieren würde. Am 7. Juli wurde Eumel eingeschläfert. Frederike trauerte um ihr Pferd und hängte die Stiefel an den Nagel. Doch ohne Reiten war doch irgendwie alles nichts …
Ein Neuanfang mit Sir FredericUnd so kam Ende August ein neues Pferd in den Stall. Heute ist der sechsjährige Sir Frederic, genannt Sven, Frederikes bester Freund. Auch wenn er einen gänzlich anderen Charakter als Eumel hat. „Sven verlässt sich sehr auf seinen Reiter und baut schnell Vertrauen auf“, erzählt Frederike. Sie nimmt sich Zeit, um mit Sven und ihren Trainern Henrik Wassmann und Alexandra Gante zu Hause zu üben, bevor es im nächsten Jahr auch mit ihm auf Turniere gehen soll.
„Vertrauen und Harmonie zwischen Pferd und Reiter – das finde ich toll“, sagt die Schülerin, die sich auch gerne wieder fürs 8er-Team qualifizieren würde. Unterstützung für ihren Sport erfährt die Reiterin vom RV Attendorn- Askay in der ganzen Familie. Im Viererstall, der nur fünf Fahrradminuten von zu Hause entfernt liegt, mümmeln neben Sven auch noch Miraculix, Bibi und das Pferd ihrer großen Schwester das Heu. Um das Wohl der Vierbeiner kümmern sich die Familienmitglieder gemeinsam. Viel Auslauf, Abwechslung und ein pferdegerechtes Leben für ihre Lieben – das ist den Bettigs einfach wichtig. Text: Susanne Müller/PV