Dieser Wettkampf fordert heraus: Wer läuft am schnellsten? Wer ist der Flinkste im Schwimmbecken? Wer reitet die beste Dressur und kommt fehlerlos durch den Parcours? Pferdesportler, die im Vierkampf antreten, gelten als wahre Athleten. Ohne Hingabe an den Sport, den Willen zum Trainieren und den vielbeschworenen Mannschaftsgeist läuft hier gar nichts. Doch wer sich dem Vierkampf einmal verschrieben hat, wird reichlich belohnt: mit vielen Momenten des Glücks, mit Selbstbestätigung und vor allem mit einem unbeschreiblichen Gefühl des Zusammenhaltens. Vom Letzterem schwärmen die Vierkämpfer oft noch jahrzehntelang nach ihrem letzten Einsatz.

Eine von denen, die beim Stichwort Vierkampf sofort ins Schwärmen geraten, ist Sina Brügger (siehe Foto unten, Foto: Anne Corten). Die 13-jährige Aschebergerin gewann 2020 die Goldmedaille beim Deutschlandpreis der Vierkämpfer- sowohl mit der Mannschaft als auch in der Einzelwertung. Da war Sina schon ein richtiger Profi im vielseitigen Wettbewerb. Alles hatte begonnen, als die damals erst Zehnjährige in ihrem Verein, dem RV St. Hubertus Ascheberg, angesprochen wurde, ob sie nicht Lust hätte, beim Kreisvierkampf mitzumachen. Sina hatte Lust, auch wenn sie bis dahin nur mal zum Spaß und eher selten gelaufen und geschwommen war. Dafür liebte sie es aber, mit ihrem Pony Flecki zu reiten. Für den Vierkampf  im Kreisreiterverband Coesfeld startete das Training nach den Sommerferien. Sportliche Eltern übten mit dem Nachwuchs Laufen und Schwimmen, das Reiten wurde im Verein trainiert. Für den Nachwuchsvierkampf standen eine E-Dressur, ein E-Stilspringen, 800 Meter Laufen und 50 Meter Schwimmen im Freistil auf dem Programm.

Einfach super: die besondere Atmosphäre beim Vierkampf

„Der Vierkampf hat mir von Anfang an gefallen – vor allem die besondere Atmosphäre, sagt Sina Brügger. Seit ihrem Debüt 2017 hat sie kein Vierkampfturnier mehr ausfallen lassen. 2019 nahm sie mit ihren Ponys Nando  und Next Generation teil, gehörte beim Westfälischen Nachwuchsvierkampf zum Aufgebot und qualifizierte sich für den Bundesnachwuchswettkampf in Berlin. Der Lohn für viele Trainingseinheiten: die Goldmedaille mit der Mannschaft und die Silbermedaille in der Einzelwertung.

Vor jedem Bundeswettkampf nehmen die nominierten Westfalen an einem Lehrgang teil, bei dem Klemens Nachtigall die Reitmannschaft formt und auf Kurs bringt. Die besten Tipps fürs Laufen und Schwimmen verrät Uschi Mersch-Hebing. „Und unsere Mannschaftsführerin Christa Middendorf spornt uns an und ermutigt uns die ganze Zeit. Wir können mit jedem Problem zu ihr kommen“, erzählt Sina. Wichtig ist natürlich auch die Unterstützung durch die Eltern. „Ohne meine Familie hätte ich das alles nie geschafft“, gibt Sina dankbar zu.

In 2020 durfte sie zum ersten Mal bei „den Großen“ starten. Beim Bundesvierkampf liegen die Latten schon etwas höher. Die Teilnehmer absolvieren einen Geländelauf über drei Kilometer, schwimmen 50 Meter gegen die Uhr und messen sich in einer A-Dressur und in einem A-Stilspringen.

Sina startete mit Svenson TB, einem von Tina Blumenhagen zur Verfügung gestellten Großpferd, beim Westfälischen Vierkampfchampionat und jubelte über Doppel-Gold mit der Mannschaft und im Einzel. Der Start beim Bundeswettkampf, der 2020 sogar in Westfalen – beim Reitverein Appelhülsen – stattfinden sollte, war gesichert. Doch dann kam Corona. Der eigentlich für April geplante Deutschlandpreis der Vierkämpfer musste verschoben werden. Zum Glück konnte er am Ende doch noch stattfinden – jedoch erst im Oktober. Das bedeutete, dass sich alle Vierkämpfer über eine lange Zeit hinweg fit halten mussten. „Die Schwimmbäder hatten geschlossen, da hat Sina ihr Schwimmtraining in den Dortmund-Ems-Kanal verlegt und mit einer befreundeten Marathonläuferin das Laufen geübt“, schmunzelt Sinas Vater, Elmar Brügger. Als dann aber auch noch ihr eigenes Springpferd Freixenet zu lahmen begann, sah alles danach aus, als ob die Vierkampf-DM für die damals Zwölfjährige gelaufen wäre.

Zusammenhalt in der Mannschaft

Da es aber möglich war, als Fremdreiter im Springen zu starten, wurde sie trotzdem mit ihrem Dressurpferd Svenson TB nominiert. Die Rettung nahte in Gestalt von Klemens Nachtigall. Er stellte der Mannschaft ein Springpferd zur Verfügung. Der Reitausbilder, der seit vielen Jahren alle westfälischen Teilnehmer der Bundeswettkämpfe betreut und trainiert, entschied eine Woche vor dem großen Wettkampf, dass Sina mit seinem Pferd starten würde. Die junge Reiterin enttäuschte ihn nicht. Sie wiederholte ihren Triumph vom Vorjahr und gewann den Bundeswettkampf sowohl mit der Mannschaft als auch in der Einzelwertung.

Wenn man Sina jedoch fragt, was ihr am Vierkampf am meisten gefalle, dann sind es nicht die Schärpen und Medaillen, die Ehre und der Ruhm, die als Antwort kommen. „Das Tollste überhaupt ist der Zusammenhalt in der Mannschaft“, sagt Sina. „Wir lernen uns beim Lehrgang kennen, übernachten, trainieren und feiern zusammen. Jeder fiebert für jeden mit. Wir halten zusammen, auch wenn’s mal nicht so gut läuft. Man trifft tolle Leute, lernt beim Reiten dazu und knüpft Freundschaften, die auch nach dem Wettkampf weiterbestehen.“  Das alles hat Sina natürlich auch ihrer kleinen Schwester Lea erzählt.  Und während Sina mit ihrem Pony Next Generation nun erfolgreich im Vielseitigkeitssport unterwegs ist, träumt Lea schon von ihrem sportlichen Ziel in der nahen Zukunft: einem Platz im Vierkampfteam.

Vierkampf 2021:

Aufgrund der Corona-Pandemie wird 2021 kein Westfälisches Mannschaftschampionat geben. Es sind einfach noch zu viele Unsicherheiten vorhanden, um den Teams und auch einem Veranstalter die notwendige Planungssicherheit zu geben. Beispielsweise sind Schwimmbäder nach wie vor geschlossen und wenn sie öffnen, wird es vermutliche einen sehr großen Bedarf an Schwimmzeiten geben. Ein Bundesvierkampf (Klasse A) und ein Nachwuchsvierkampf (Klasse E) sind aber weiterhin geplant. Termin ist der 24. bis 26. September 2021. Gastgeber ist in diesem Jahr Achern in Baden-Württemberg. In Westfalen wird es für interessierte Athleten Sichtungen und Lehrgänge geben, die geplant und bekannt gemacht werden, sobald es möglich ist.

Das erfolgreiche Westfalen-Team beim Bundesvierkampf 2020 in Appelhülsen.    Foto: Brigitte Arends