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Forschungsprojekt: "Erfahrung trifft Begeisterung"

Generationenverhältnisse und Partizipation in Pferdesportvereinen

Dokumentation des Forschungsprojektes

Immer wieder äußern Jugendliche, dass sie sich in ihren Vereinen engagieren, etwas bewirken und beitragen wollen. Vorstandsmitglieder bekräftigen zugleich, dass sie den Heranwachsenden dabei nicht im Weg stehen möchten. Dennoch bleiben viele Ideen und Wünsche unverwirklicht. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag des Pferdesportverbands Westfalen e.V. (damals Provinzial-Verbandes Westfälischer Reit- und Fahrvereine) aus dem Sommer 2007 bestätigt, dass viele Jugendliche sich engagieren wollen, allerdings nicht immer die erforderliche jugendgerechte Situation und Unterstützung finden. Die Voraussetzung und Unterstützung von Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsprozessen im Pferdesport ist häufig ausbaufähig. 

Vor diesem Hintergrund geht das Jugendsprecherteam ,Just We‘ des Pferdesportver-bands Westfalen davon aus, dass die Beteiligung Heranwachsender verbessert werden kann, wenn Jugendliche und Erwachsene im Team arbeiten. Auf dieser Grundlage wurde das Projekt ‚Erfahrung trifft Begeiste-rung’ entwickelt. Die Initiative stellt das gemeinsame Handeln verschiedener Altersstufen im Verein in den Mittelpunkt und setzt einen Kontrastpunkt zu isolierenden, nicht-unterstützenden „Macht-mal-was“-Aufforderungen an Jugendliche. Modellprojekte im Sommer 2008 lieferten dazu erste Erkenntnisse.

Die Projekte werden laufend im Internet bekannt gemacht, um andere Vereine zu inspirieren, gleiche oder ähnliche Projekte zu initiieren. Eine entsprechende Dokumentation und Eva-luation soll die Ergebnisse im Sinne von Good-Practice-Projekten greif- und nutzbar machen.

Motiviert durch die Diskrepanz zwischen dem Anspruch einer umfangreichen Beteiligung von Jugendlichen im Verein und der Annahme, dass diese häufig nicht zustande kommt, sowie den Wunsch, Jugendliche möglichst an ihren Verein zu binden und in ehrenamtliche Verantwortung zu begleiten, ist der Pferdesportverband Westfalen an weitergehenden Handlungsempfehlungen für ein gelingendes Miteinander der Generationen und eine Intensivierung der Beteiligung von Jugendlichen interessiert. Entsprechend ist es Aufgabe der vorliegenden Studie, diese beiden Bereiche explorativ zu erfassen, um anhand von Best-Practice-Beispielen Handlungsempfehlungen ableiten zu können.

Gelingensbedingungen für die Gestaltung der Praxis

Handlungsempfehlungen können und sollen nicht allein aus empirischen Befunden abgeleitet werden. Gleichwohl können empirische Befunde Gelingensbedingungen identifizieren und Hinweise für die Gestaltung der Praxis liefern. In diesem Sinne können aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung unter Einbezug der theoretischen Vorüberlegungen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die sich sowohl auf die formelle Struktur der Vereine als auch auf informelle Partizipationsmöglichkeiten beziehen.

Formelle Gelingensbedingungen

Der Jugendwart kann weit mehr sein als nur die Vertretung der Jugend im Vorstand. Als Dreh- und Angelpunkt der Jugendarbeit kann er sich vor Ort um die kleinen und großen Probleme der Jugendlichen kümmern und Kontaktgelegenheiten zwischen den Generationen im Vereinsalltag wie auch auf Fahrten und zu besonderen Anlässen in-szenieren. Bei dieser Aufgabe sollten Jugendwarte entsprechende Unterstützung finden.

  • Zum einen kann dies durch Informationsmaterial und Handlungsempfehlungen für und über Jugendwarte geschehen, die den Beteiligten die Potenziale, die in diesem Amt stecken deutlich machen und wichtige Tipps und Ideen dazu bereithalten. Für Sportvereine im Allgemeinen liegen entsprechende Materialien beispielsweise beim Landessportbund NRW bereits vor.
  • Zum anderen ist es denkbar, Fortbildungen für Jugendwarte anzubieten. Diese sollten die verschiedenen Aufgabenbereiche behandeln, aber auch ausreichend Raum für einen intensiven Austausch zwischen den teilnehmenden Jugendwarten lassen. Auch hier gibt es Angebote des Landessportbundes NRW sowie des Pferdesportverbandes Westfalen.
  • Es ist dringend zu empfehlen, dass der Jugendwart einen Sitz und Stimmrecht im Vorstand hat. Dies ist ein zentrales Element der formellen Beteiligung Jugendlicher im Verein.

Jugendversammlungen bieten den Jugendlichen den Raum, ihre Wünsche, Ideen und Probleme zu äußeren. Dies hilft nicht nur dem Jugendwart bei der Vertretung der jugendlichen Interessen, sondern trägt auch zur Meinungsbildung und zum Zusammenhalt der Jugendlichen bei.

Viele Pferdesportvereine haben eine eigene Jugendordnung, die aber mitunter nur als formelle Voraussetzung für die Förderung der Jugendarbeit existiert. Dabei bieten Jugendordnungen die Möglichkeit, die Eigenständigkeit der Vereinsjugend zu unterstützen, insbesondere, wenn diese gemeinsam mit den Jugendlichen ausgehandelt wird. Hier ist ein Kommunikationsprozess mit den Jugendlichen notwendig: Wie viel Freiheit und Eigenständigkeit wünschen sie sich, denn da-mit gehen auch Pflichten und Verantwortung einher.

Auch unter den befragten Vereinen kommt es vor, dass ein Stimmrecht auf der Jahreshauptversammlung erst ab 18 Jahren ausgeübt werden kann. An kaum einer anderen Stelle ist es jedoch besser möglich, Jugendliche formell zu beteiligen und auf dieser strukturellen Basis Aner-kennung zu signalisieren. Ein Stimmrecht ab 16 Jahren ist in diesem Sinne empfehlenswert. Ob auch jüngere Jugendliche ein Stimmrecht bekommen sollten, ist von der individuellen Situation und Ausrichtung eines Vereins abhängig und könnte entsprechend diskutiert werden.

Informelle Gelingensbedingungen

Das Miteinander der Generationen ist der Ausgangspunkt für ein befriedigendes Vereinsleben. Das Respektieren unterschiedlicher Interessen und Bedürfnisse gehört ebenso dazu, wie das gemeinsame Engagement für den Pferdesport.

Der Austausch der Generationen geschieht in einem gelingenden Vereinsleben fast nebenbei. Gleichwohl können Gelegenheiten der Begegnung, wie z.B. das gemeinsame Kuchenessen oder der ge-meinsame Arbeitseinsatz, bewusst geschaffen werden, sodass die Kommunikation über geteilte Aktivitäten angeregt wird.

Erwachsene verfügen in vielen Bereichen über einen Erfahrungsvorsprung, den sie an die jüngere Generation weitergeben können, z.B. im Bereich der Vereinsführung. Zugleich haben aber auch Jugendliche Kompetenzen, z.B. im Bereich neuer Medien, die sie an Erwachsene weitergeben können.

Informelle Partizipationsmöglichkeiten können kaum geplant werden. Im Rahmen bestehender Vereinsangebote können aber Freiräume für die selbstbestimmte Auseinandersetzung von Jugendlichen gegeben werden, z.B. bei informellen Freizeitaktivitäten.

Neben angeleiteten Angeboten sollten ganz bewusst auch ‚Nischen’ für Jugendliche eingerichtet werden, in denen Heranwachsende ohne die Kontrolle Erwachsener unter sich sein können – sei es als Zeitfenster im Rahmen des Tagesablaufs, sei es als Jugendraum auf dem Vereinsgelände.

Partizipation bedarf einer vertrauensvollen Atmosphäre, nicht nur innerhalb der Übungsgruppen, sondern auch zwischen den Generationen. Gegenseitiger Respekt gehört dazu ebenso wie das Akzeptieren unterschiedlicher Wünsche und Bedürfnisse in einem Verein.

Die Rolle der Übungsleiter und Trainer sollte nicht nur auf die Vermittlung des Pferdesports beschränkt sein, sondern auch die Entwicklung der Heranwachsenden berücksichtigen. Neben der Funktion als ‚aktives’ Vorbild, z.B. bei der Wertevermittlung, umfasst das auch die sensible Begleitung von informellen Lernprozessen (vgl. Neuber, 2010).

Die Unterstützung von Partizipation erfordert andere Kompetenzen als das Vermitteln sportlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Aus- und Weiterbildung von Vereinsmitarbeitern im Jugendbereich sollte darum besondere Bedeutung beigemessen wer-den.

Die Untersuchungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass Jugendarbeit vor allem da gelingt, wo sowohl Vereinsstrukturen als auch Generationsverhältnisse und die Partizipationsmöglichkeiten dazu beitragen. So hilft etwa ein engagierter Jugendwart der Jugendarbeit nicht viel, wenn er nicht die entsprechenden Stimmrechte im Vorstand oder andere entsprechende Einflussmöglichkeiten hat. Und umfangreiche formelle Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche sind wertlos, wenn ein ungünstiges Generationenverhältnis verhindert, dass die Jugendlichen davon Gebrauch machen.

Gleichzeitig sind Verbesserungen in einem Bereich durch den Einfluss eines anderen Bereichs wahrscheinlich. So kann zum Beispiel die Gestaltung des Vereinsgeländes oder das Angebot eines regelmäßigen informellen Treffens (z.B. Kaffeetrinken) auf dem Vereinsgelände das Generationenverhältnis verbessern, was wiederum neue Möglichkeiten der Partizipation eröffnet. Um die Beteiligung von Jugendlichen im Verein zu verbessern, sollten entsprechend alle drei Ebenen in den Blick genommen und entsprechende Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, damit effektive Ergebnisse erzielt werden.

Methodik

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie beruhen auf 24 Interviews mit insgesamt 42 Jugendlichen und Erwachsenen, Mitgliedern und Verantwortlichen in verschiedenen Funkti-onen aus fünf Vereinen. Alle Vereine wurden aufgrund der Empfehlung des Pferdesportverbands Westfalen als ‚Good-Practice-Vereine‘ ausgewählt. Damit ist davon auszugehen, dass die ermittelten Strukturen und Verhältnisse überdurchschnittlich gut ausgeprägt sind und nicht als repräsentativ für alle westfälischen Reitvereine gelten können. Gleichwohl können die Ergebnisse der Untersuchung dazu beitragen, Gelingensbedingungen für gute Jugendarbeit zu identifizieren, die eine Orientierungshilfe für andere Reitvereine sein können. 

Zur Untersuchung der Vereinsstrukturen wurde pro Verein ein Vorstandsmitglied (in der Regel Vorsitz oder Stellvertretung) in einem standardisierten Interview befragt. Nach Bedarf wurden diese Informationen mit Hilfe von Vereinsstatistiken ergänzt.

Der zugrunde liegende Fragebogen beinhaltet im ersten Teil allgemeine Strukturdaten wie Gründungsjahr, Ausrichtung, Größe und Mitgliederstruktur des Sportvereins. Im Vordergrund dieses Interviewabschnitts stand eine erste Einordnung des Vereins. Im zweiten Teil des Fragebogens wurde auf die speziellen Strukturen eingegangen, wie die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und die Anzahl der Schulpferde. Letzteres könnte von Bedeutung sein, da Schulpferdereiter vermutlich in der Regel mehr Zeit auf dem Vereinsgelände verbringen als Reiter, die mit dem eigenen Pferd zum Verein fahren. Im letzten Abschnitt wurde die Organisationsstruktur des jeweiligen Vereins hinterfragt. Das leitende Erkenntnisinteresse bestand darin, einen Überblick über die Vorstandsarbeit, insbesondere im Jugendbereich, zu erhalten. Neben Fragen zur Entscheidungsfindung wurden hier vor allem die Partizipationsrechte von Kindern und Jugendlichen beleuchtet. Hier wurde nach organisatorischer und sportnaher Mitbestimmung, der Ermittlung von Wünschen der Jugendlichen und dem Umgang mit dem Jugendetat/der Jugendkasse gefragt.

Die standardisierten Interviews wurden mit den Interviewpartnern jeweils im Reiterstübchen durchgeführt. Alle Interviews fanden zur frühen Nachmittagszeit und in der Regel während des Reitbetriebs statt. Dass die Interviewten unter Zeitdruck standen, ist als unwahrscheinlich zu beurteilen. Vor den Interviews gab es jeweils eine kleine Führung über das Gelände, so dass die Interviewer sich ein erstes Bild vom Verein machen konnten und ein informelles, alltagskommunikatives Gespräch geführt werden konnte, in dem sich die Gesprächspartner/innen aufeinander einstellten und Erlebnisse verarbeitet wurden. Auch zeigten einige Interviewpartner Nervosität gegenüber der anstehenden, ungewohnten Situation des Interviewt-Werdens, die in dieser Zeit abgebaut wurde. Die persönliche Gesprächsatmosphäre wurde darüber hinaus genutzt, um das weitere Vorgehen und die Rahmenbedingungen des anstehenden Interviews zu erläutern. Es wurde darauf hingewiesen, dass 

  • die Fragen möglichst ausführlich und nicht unter Zeitdruck zu beantworten sind,
  • es keine richtigen und falschen Antworten gibt,
  • sowie bei Fragen und Unklarheiten der Interviewer jederzeit zur Verfügung steht und behilflich ist.

Nachdem im Vorfeld des Interviews persönliche Fragen zum Amt und zur Funktion innerhalb des Vereins gestellt wurden, konnte anschließend mit Fragen zur allgemeinen Or-ganisationsstruktur begonnen werden. Die Interviews wurden bis auf eine Ausnahme zu zweit durchgeführt, so dass ein Interviewer sich auf die Befragung konzentrieren konnte, während der zweite die Antworten der Befragten direkt im Bogen festhielt. War es nicht möglich, das Interview zu zweit durchzuführen, wurde dieses zur besseren Nachvollziehbarkeit zusätzlich per digitalem Tonbandgerät aufgezeichnet. Nach Abschluss des Inter-views wurden die Antworten im Fragebogen per PC notiert und in normales Schriftdeutsch transkribiert.

Um abschätzen zu können, welche Einstellungen und Einschätzungen die Erwachsenen Vereinsverantwortlichen bezüglich der Beteiligung von Jugendlichen haben, wurden In-terviews geführt. Diese sollen außerdem aufzeigen, ob es zum einen zwischen den Vereinen und zum anderen zwischen Jugendwarten und anderen Vorstandsmitgliedern unterschiedliche Auffassungen gibt. Die Interviews mit Verantwortlichen wurden im Rahmen der Befragung zur Strukturanalyse direkt im Anschluss durchgeführt. Die Befragungs- und Datenerfassungsmethode sowie die Bedingungen, unter denen die Interviews stattfanden, entsprechen daher den Angaben in Kap. (4.1.1) mit dem Unterschied, dass dieser Teil der Befragung auch mit den Jugendwarten durchgeführt wurde. 

Um zu einem umfassenden Bild der Meinungen der Vereinsmitglieder zu kommen, wurden problemzentrierte Interviews mit Jugendlichen und Erwachsenen durchgeführt. Ziel dieser Interviews war es, Informationen zum vorherrschenden Generationenverhältnis zu erlangen, eine Bewertung der Partizipationsmöglichkeiten und -strukturen zu erfahren und zu prüfen, welche Strukturen den Jugendlichen überhaupt bekannt sind.


Die Befragung fand als Gruppeninterview mit zwei bis drei Jugendlichen anhand eines Leitfadens (s. Anhang) statt. Pro Verein wurde auch ein Erwachsener ohne besonderes Amt im Verein einzeln, anhand desselben Leitfadens befragt, in erster Linie um die Aussagen der Jugendlichen mit der Perspektive der Erwachsenen abgleichen zu können. Die ausgewählten Vereine wurden vor der Befragung über den Termin und den Hintergrund der Befragung informiert. Ein großer Teil der Befragten wusste somit schon im Vorfeld, dass er interviewt werden würde – andere wurden aber auch spontan aus dem laufenden Reitstundenbetrieb heraus ausgewählt. Die konkreten Fragen des Interviews waren kei-nem der Interviewten vorher bekannt. Die Durchführung erfolgte eng am Leitfaden, wobei aber assoziierende Gedankenstränge auch aufgegriffen und durch Nachfragen weiter verfolgt wurden. Zur besseren Nachvollziehbarkeit wurden durch den Interviewer an verschiedenen Stellen Zurückspiegelungen und Verständnisfragen eingesetzt. Die Interviews wurden in ruhiger Atmosphäre, in der Regel im Reiterstübchen durchgeführt. Gelegentlich konnte es vorkommen, dass auch andere Personen kurzfristig das Stübchen betraten. Ein Einfluss auf den Interviewverlauf durch Außenstehende ist jedoch nicht anzunehmen.

Die Interviews wurden vollständig mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und zeitnah, in der Regel binnen drei Tagen, transkribiert. Auf eine Videoaufzeichnung wurde verzichtet, da die visuelle Kontrolle auf die Befragten hemmend wirken kann und bei zwei bis drei Personen die Zuweisung der Stimmen zu den Sprechern noch problemlos ohne Bildma-terial möglich ist. Die Transkriptionen wurden von zwei verschiedenen Personen unter gegenseitiger Rückmeldung durchgeführt. Bei der Transkription wurde nur der möglichst genaue Wortlaut festgehalten. Lachen und längere Pausen wurden kenntlich gemacht, wenn sie entsprechend auffällig hervortraten. Alle weiteren, nicht für die Interpretation erforderlichen Regungen wurden herausgefiltert. Die Transkription erfolgte Computergestützt mit Hilfe der Software F4. Die Weiterverarbeitung und Reduktion wurden mit der Textverarbeitung Word und der Tabellenkalkulation Excel durchgeführt. Für die Analyse wurde die vollständige Transkription zu Grunde gelegt. Auslassungen nicht relevanter Bestandteile wurden erst im Zuge der Zusammenfassung vorgenommen. Die Reduktion zu Kategorien erfolgte im Sinne von Mayrings qualitativer Inhaltsanalyse (2003). Dabei wurden die Kategorien induktiv aus dem Text herausgebildet – allerdings mit der groben Strukturierung nach ‚Struktur‘, ‚Generationenverhältnis‘ und ‚Partizipationsmöglichkeiten‘ als Filter im Hinterkopf. Im Laufe der Reduktion wurde eine zusätzliche Variable zu jeder gebildeten Kategorie hinzugefügt, die die Aussagen in Ausdruck (A), Struktur (S) oder eine Kombination (AS) unterscheidet. Mit Ausdruck wurden solche Kategorien markiert, die das Ergebnis als eine Auswirkung von etwas repräsentieren. Als Struktur wurden hingegen Aussagen kategorisiert, die eine Voraussetzung oder Begebenheit beschreiben, aus denen etwas resultiert. Die Kombinationskategorie ‚AS‘ wurde angewandt, wenn eine Kategorie aus dem Kontext heraus in beide Richtungen ausgelegt werden konnte, oder wenn die Kategorie direkt einen vollständigen Zusammenhang zwischen einer Struktur und eines Ausdrucks beinhaltete. Die unterschiedlichen Informationen und Bewertungen, die die Befragten liefern, werden entsprechend strukturiert und interpretiert, damit sie später in der Synthese mit den weiteren Untersuchungsbausteinen direkt auf die Fragestellungen bezogen werden können.

Um die Aussagen aus den Interviews, insbesondere in Bezug auf das Generationenverhältnis, besser einschätzen zu können, wurden bei jedem Besuch auch einzelne Beobachtungen festgehalten. Damit kommt diesem Teil der Untersuchung vor allem eine rückversichernde Funktion zu.


Die durchgeführten Beobachtungen beziehen sich auf konkrete Situationen außerhalb der Interviews, in denen es zu Interaktionen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen kam. Berücksichtigt wurden dabei alle Situationen, unabhängig davon, ob sie aus einer Reitstunde oder anderen Aktivitäten heraus entstanden. Interaktionen von Jugendlichen mit dem Interviewteam wurden nicht festgehalten, da sie nicht dem entsprechen, was im gewöhnlichen Vereinsalltag zu erwarten ist. Um die Beobachtungen zu strukturieren, wurde ein Beobachtungsbogen entwickelt.

Dem Bogen folgend wurde jede Situation im Freitext als erstes einem Kontext (zum Beispiel ‚Reitstunde‘) zugeordnet. Dann wurde durch Ankreuzen angegeben, ob die Initiative zur Interaktion vom Erwachsenen oder vom Jugendlichen ausging. Auf einer dreistufigen Skala konnte durch den Beobachter bewer-tet werden, ob die Situation eher prä- oder postfigurativ geprägt war. Abschließend folgte dann eine kurze Beschreibung der konkreten Situation in etwa zwei bis fünf Sätzen. Neben einigen strukturellen Angaben zur gesamten Beobachtungsaktivität (Start und Dauer der Beobachtung, Anzahl der beobachteten Situationen, etc.) wurden zum Ende des jeweiligen Vereinsbesuchs zwei Skalen zum Gesamteindruck bearbeitet. Die erste dient der Bewertung der Atmosphäre in fünf Stufen von gelöst bis angespannt. Die zweite be-zieht sich, ebenfalls in 5 Stufen, auf das Generationenverhältnis von prä- bis postfigura-tiv. Beide Skalen wurden anhand des Gesamteindrucks und nicht nur aufgrund der einzelnen Beobachtungen, unter gemeinsamer Absprache im Interviewteam ausgefüllt.

Nach den ersten Vereinsbesuchen zeichnete sich ab, dass einige Ergebnisse und Aussagen noch abzusichern sind. Um dies zu erreichen wurde die Gruppendiskussion als ergänzende Methode ausgewählt. Während die bereits beschriebenen problemzentrierten Interviewformen nur wenig Spielraum außerhalb des Interviewleitfadens lassen, werden den Befragten im Rahmen einer Gruppendiskussion nur Gesprächsimpulse gegeben, die in provokativer Form zu einer Diskussion anregen sollen. Diese Diskussion wird zum einen deutlich geringer durch den Interviewer gesteuert, vor allem aber sollen durch die Diskussionssituation einer größeren Gruppe in besonderem Maße (gegensätzliche und) kritische Meinungen zu den ausgewählten Themen forciert werden.
Durchgeführt wurde die Methode an einer Gruppe von fünf Jugendlichen des RV Oberkirchen unter ansonsten identischen Durchführungs- und Auswertungsbedingungen wie die problemzentrierten Interviews (vgl. Kap. 4.1.3). Die Diskussion wurde jedoch zusätzlich per Videoaufzeichnung festgehalten, um später eine eindeutige Zuordnung der Aussagen zu den Personen zu ermöglichen.

Förderprogramm "Erfahrung trifft Begeisterung"

bis zu 500 Euro für Ihr "Generationen-Projekt"

Der Name verrät es schon: bei der Initiative "Erfahrung trifft Begeisterung" dreht sich alles um das Miteinander der Generationen im Pferdessportverein.

Jugendabteilungen von Vereinen und Kreisverbänden sind herzlcih eingeladen, sich mit einem eigenen Generationenprojekt zu beteiligen.

Das kann ein gemeinsamer Ausflug sein, ein Fest, ein Workshop oder ein Diskussionsabend: wichtig ist, dass Vertreter mehrerer Altersstufen dabei sind, und dass die Aktion sich mit dem Miteinander beschäftigt. 

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Wenn heute vom Thema ‚Miteinander von Generationen‘ gesprochen oder geschrieben wird, kommt ein Wort ziemlich häufig vor: Konflikte. Ständig ist von einem Generationenkonflikt die Rede, bei dem oft Vorurteile gegenüber der jüngeren, manchmal aber auch gegenüber der älteren Generation eine Rolle spielen. Der Tenor ist meistens negativ.


Traue keinem über 40? – Das sieht die westfälische Pferdesportjugend zum Glück ganz anders. Das Jugendsprecherteam ,Just We‘ des Pferdesportverbandes Westfalen findet, dass Jugendliche und Erwachsene eigentlich ganz gut im Team zusammenarbeiten könnten. Mit Vorteilen für beide Seiten. Auf dieser Idee gründet das Projekt ‚Erfahrung trifft Begeisterung’.


Erstmals wurde dabei das Miteinander der verschiedenen Altersstufen im Pferdesportverein unter die Lupe genommen und analysiert. Das Ergebnis halten Sie nun in den Händen. Was mich an der Studie besonders freut: sie deutet auf eine tragfähige Qualität des Generationenverhältnisses in unseren Pferdesportvereinen hin - sowohl aus Perspektive der Jugendlichen als auch aus der Sicht der Erwachsenen.
Für uns vom Pferdesportverband Westfalen sind die Erkenntnisse der umfangreichen Generationenstudie einfach spannend. Denn wir wünschen uns natürlich, Jugendliche an ihre Vereine zu binden und für ehrenamtliche Positionen zu begeistern. Das funktioniert allerdings nicht mit Parolen wie „… dann macht doch mal!“. Mit den vorliegenden Empfehlungen dürfen sich die Vereine über gute Tipps für die Zusammenarbeit von Jung und Alt freuen. Ich hoffe, dass diese Vorschläge in Zukunft in vielfältiger Weise umgesetzt werden.

Ihr Rudolph Erbprinz von Croÿ
Präsident des Pferdesportverbandes Westfalen

Wenn das kein Grund zur Freude ist: Pünktlich zum zehnjährigen Geburtstag unseres Jugendsprecherteams ,Just We‘ erscheinen die Ergebnisse der Generationenstudie „Erfahrung trifft Begeisterung“, die Professor Dr. Nils Neuber und sein Team für die Pferdesportjugend durchgeführt hat. Das aufwändige Projekt hatte sich über drei Jahre hingezogen und manche Diskussion entfacht. Videoclips und Interviews, Generationengespräche und Vereinsprojekte waren die Grundlage für die Studie.


Und ihr Ziel? - Das Miteinander der Generationen ist die Basis für ein harmonisches Vereinsleben. Dazu gehört, dass man sich gegenseitig respektiert, unterschiedliche Interessen anerkennt und sich gemeinsam für den Pferdesport engagiert. Aber wie sieht das eigentlich konkret aus? – Dazu liefert Professor Dr. Nils Neuber mit seinem Team ganz reale Vorschläge, die vielfach ohne großen Aufwand umgesetzt werden können. Zum Beispiel den Jugendlichen mehr Stimmrechte einzuräumen oder den Jugendwart gezielter zu unterstützen. Wer jetzt auf die Jugend setzt, kann der Zukunft beruhigt entgegen sehen.


"Erfahrung trifft Begeisterung" war übrigens Projektpartner im "Pakt mit der Jugend". Dieser Pakt war im Jahre 2008 zwischen der Landesregierung und den nordrhein-westfälischen Dachverbänden der Jugendorganisationen geschlossen worden. Die Unterstützung mit öffentlichen Fördermitteln hatte den eher ungewöhnlichen Schritt in Richtung wissenschaftlicher Forschung erst möglich gemacht.
Ich danke dem Team der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ganz herzlich für seine hervorragende Arbeit und hoffe, dass sie dazu beiträgt, die Pferdesportjugend Westfalens für die Zukunft zu stärken. Nun liegt es natürlich vor allem an uns, die theoretischen Erkenntnisse auch in die Praxis umzusetzen. Doch gemeinsam – Jung und Alt an einem Strang – wird uns dies ganz sicher gelingen.,

Ihre Christa Middendorf
Vorsitzende der Westfälischen Pferdesportjugend

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